Dienstag, 5. April 2011

Krawattenmacher aus Deutschland: Sascha Blick


Sascha Blick mag keine Massenware, deshalb gibt es seine Krawatten nur in limitierter Auflage (Foto: Blick)
Krawatten aus Deutschland? Da rümpft manch einer die Nase. Oder zeigt keine Reaktion. Deutschland ist gut für Fenster oder Autos, aber Accessoires aus Seide? Dabei werden hierzulande sehr gute Krawatten genäht. Auch für sehr angesehene Labels aus dem Ausland. Es kann also durchaus sein, dass ein Binder, der in London oder Paris erstanden wird, in einer deutschen Manufaktur genäht worden ist. Die Mehrzahl der deutschen Krawattenhersteller liefert solide Klassik, einige von ihnen in ausgezeichneter Qualität. "Classic with a twist" kriegen nur wenige hin, ganz besonders gut macht das die Manufaktur Blick aus Tönisvorst, der "Apfelstadt" am Niederrhein. Dort hat mir Sascha Blick ein paar Fragen beantwortet. 


































Krawatten gibt es an jeder Ecke und in allen Preislagen. Warum soll ein Mann eine Blick-Krawatte kaufen? 






In meiner Idealvorstellung ganz einfach: genau diese eine Krawatte hat seine Blicke angezogen und einer kritischen Überprüfung stand gehalten. Ihm gefällt die Ware, die Verarbeitung, die Details. Er stellt fest, dass wir keine Massenware machen, sondern meist 100 Stücke pro Dessin und Farbe. Wie Sie schon andeuteten, gibt es viele andere hervorragende Hersteller (und viel Mist). Wir wollen die kritischen, informierten Männer, die unsere Ware und auch schon mal eine extravagante Dessinierung zu schätzen wissen.
Blick 2011: Schmale Breite, opulente Seide (Foto: Blick)
Wieso sind Sie Modeunternehmer und Krawattenfabrikant geworden? 
Gene. Ich wusste schon sehr früh, dass ich das weiter führen wollte, was meine Großeltern begonnen haben – und könnte hinzufügen, dass ich bereits mit 14 Lenzen mit Lederkrawatte über die Kölner Herrenmodewoche gerannt bin und mir das vorgestellt habe, was ich heute tue. Ich war natürlich in meiner Vorstellung viel reicher und berühmter, aber die Quintessenz: Stoffe, Farben, Ware, Menschen, Städte und die Chance daraus Kollektionen zu bauen, macht mir schon sehr viel Spaß. Ich liebe die Kombination aus einer fast handwerklichen Tätigkeit, den ständigen Wandel der Mode (und ihre Konstanten) und den Austausch mit Händlern auf der einen und unseren Lieferanten auf der anderen Seite.

Was ist Ihr persönlicher Lieblingslook für das Business? 
Wechselt stark. Morgen: Boots. dunkelblaue Acne (Nietengürtel) weißes Hemd, altes Dior Sakko und einem Oblong, den ich aus der Herbstkollektion geklaut habe. Übermorgen kann das ein neuer Zweireiher, den ich gerade bei Herr von Eden erworben habe mit Maßhemd, Picadilly Kragen und Pin Dot Krawatte sein. Sie können das übrigens in unserem Shop, der in seiner Anmutung eher ein tumblr, also ein blog ist, sehr schön sehen http://blick.it/. Wenn die Kollektion fertig ist, probiere ich immer einige Kombinationen aus und wir halten dann ohne viel Zirkus die Kamera drauf.

Raffinesse ohne Farbe: Schleifen in Graustufen (Foto: Blick). 


Wie soll man junge Leute für die Krawatte begeistern? 
Gar nicht. Die begeistern sich von ganz allein, wenn die Zeit reif ist, wie aktuell bei Schleifen. Plötzlich wird das Accessoire „Schleife“ in einem ganz anderen Stil, einem neuen Kontext getragen. Vor ein paar Jahren hätten darauf nicht viele gewettet. Auch ich habe mal ein Zeit lang nicht so viel Krawatte getragen. Heute fühle ich mich morgens im Flugzeug mit perfektem Binder ganz hervorragend zwischen all den lächerlichen Wickelschals. Rock and Roll will never die. Die Krawatte auch nicht.

Brown auch after six: Oblong aus bedrucktem Satin (Foto: Blick)


Wie sehen Sie die Zukunft der Hemdenmode? Was sind die langfristigen Trends? 
Diese finde ich, mit Verlaub, lieber Herr Roetzel eine platte Frage. Sie wissen, so gut wie ich, dass es keine großen, eindeutigen Trends mehr gibt. Es gibt so viele Stile und Abwandlungen derselben, wie Schüsse auf einem Zentimeter anständigen Jacquards. Ich bin ein altmodischer Krawattier. Ich weiß nicht, was man in 10 Jahren trägt. Ich fertige einfach mit Liebe anständige Krawatten.

Welchen Krawattenknoten verwenden Sie selbst am liebsten? Warum? 
Zu kleinen Krägen wähle ich gerne den Oriental, ziehe ihn aber nicht so fest zu, so dass sich ein weiches Quadrat ergibt. Weil der Knoten so klein ist und man mit den schmalen Krawatten kaum Länge „verbraucht“, lasse ich das schmale Ende meist einen tick länger. Ich mag es einfach, dass man bei dieser Variante die Naht des schmalen Endes sieht, aber das ist nur Liebhaberei.

Der Krawattenmann vom Niederrhein ist Knotenexperte (Foto: Blick)

Wenn ich Lust auf ein Tab oder Picadilly Kragen habe, lege ich eine Umdrehung drauf (also Kelvin), ziehe fest zu und habe dann den runden, kleinen und festen Knoten, den man dafür braucht.

Bei größeren oder Haifischkrägen lande ich meist bei Nicky oder halbem Windsor, aber ich müsste lügen, wenn ich Ihnen sagen würde, dass ich das jeden Morgen mit einem riesigen Plan mache. Wenn man das Grundprinzip einmal begriffen hat, macht man einfach einen Schwung, oder einen Überschlag mehr oder weniger, je nachdem, wie sich die Sache entwickelt.

Spitzenschleifen: Kleine Pünktchen auf leichtem Twill (Foto: Blick)


Woher beziehen Sie die Stoffe für die Krawatten? 
Italien und England. In Italien eher bei den kleineren, exklusiveren Webern und Druckern, die eben auch noch zu 100% in Italien herstellen. Wir arbeiten mit 4-5 davon sehr eng zusammen, entwickeln unsere Ideen und graben in deren Archiven. Natürlich schauen wir auch immer bei neuen (oder ganz alten) Kontakten, um zu sehen, wo sich neues entwickelt, aber letzten Endes ist das schon eine kleine Gemeinde.

Bei den englischen Webern ist es wie bei Automobilen. Der ganze Schrott ist weg und übrig geblieben sind zwei, deren Ware so ziemlich das feinste ist, was man mit Webmaschinen herstellen kann. Leider verhält es sich mit den Preisen ebenfalls so, wie bei den Karossen.

Wollbinder aus Riesenfischgrat von englischen Traditionsweber Vanners  (Foto: Blick)


Gibt es so etwas wie einen deutschen Stil bei Krawatten? 
In dem Sinne, dass sich ein typisch deutscher Kanon aus den zu Verfügung stehenden Dessins und Farben gebildet hätte, sicher nicht.

Mir wird der Begriff ohnehin oft zu schnell verwendet. Eine lang anhaltende Mode, oder die Bevorzugung bestimmter Dessins in einer Region sind noch kein Stil.

Damit steht Deutschland sicher nicht allein. Ich kann Stil bei Krawatten eher bei einigen Häusern fest machen und auch dort fallen mir die deutschen nicht als erstes ein: Hermes, Ralph Lauren, Ferragamo – auch Breuer oder in jüngerer Zeit Duchamp sind Hersteller, die eine Krawatte machen, die Sie über einen langen Zeitraum hinweg aus 10 m Entfernung klar identifizieren können.

Die Liste ließe sich sicher fortsetzen und man könnte einen gemütlichen Abend darauf verbringen, diese zu erweitern und wieder zusammen zu streichen, aber einen herausragenden deutschen sehe ich nicht.